Hesse-Wald - Fakten-Check

26. Juni 2025 | KG Paderborn, Klimawandel, Nachhaltigkeit, Ressourcen & Technik, Wälder

Die auf der Titelseite des Westfälischen Volksblattes gemachte Tatsachenbehauptung, im Videofilm wären Behauptungen aufgestellt, die nicht mit dem Umweltbericht, gemeint ist das Faunistische Gutachten, übereinstimmten, ist nachweislich falsch. Hier ein Faktencheck vom Filmemacher, BUND, NABU und pro grün.

Reinhard Schäck, NABU Paderborn

Wir haben uns in unserer Argumentation eng an das erwähnte Gutachten von COPRIS gehalten. Dass es "teilweise zu einem anderen Ergebnis" komme, entspricht nicht der Wahrheit. Oft fragt sich der Leser, was überhaupt moniert werden soll, z.B. bei den Aussagen zu den Fledermäusen und zur Haselmaus.

Wir bestreiten nicht, dass die 23 Vogelarten, die zur Brutzeit im Hessewäldchen angetroffen wurden, als euryök bezeichnet werden können, sie also, vereinfacht gesagt, keine Spezialisten sind. Dies bedeutet aber nicht, dass solche Arten nicht auf bestimmte Strukturen innerhalb ihres Lebensraums angewiesen sind. Ein Fehlen solcher Teillebensräume, zu denen auch das Hessewäldchen gehört, kann zum Verschwinden der ortsansässigen Population einer Vogelart führen. Die teilweise dramatischen Bestandsrückgänge vieler sogenannter Allerweltsarten, wie Feldsperling, Star, Bluthänfling und Bachstelze, haben hier ihre Ursache. Mittlerweile ist sogar der Haussperling in der Paderborner Kernstadt selten geworden, nicht nur weil Brutmöglichkeiten vielerorts abgenommen haben, sondern weil auch ihnen schlicht die Nahrung für ihre Jungen, die sie vorwiegend auf Bäumen suchen, fehlen. Immer wieder wird man feststellen, dass städtische Gehölze, zu denen das Hessewäldchen zählt, eine erhebliche Bedeutung für die Tiere in der Stadt haben.

Filmproduzent

Der Aussage des Geschäftsführers der Firma Hesse Mechatronics, dass sowohl die kurzen eingemischten Videoclips als auch das Vogelgezwitscher nicht dem Hessewald zuzuordnen seien, muss widersprochen werden. Der Ton wurde an drei Drehtagen im Wald aufgenommen, besonders intensiv kann man das Gezwitscher sonntags am frühen Morgen, aber auch in den Abendstunden erleben. Bei den wenige Sekunden dauernden Videosequenzen zu im Wald lebenden Tieren wurde strikt auf ihr unbezweifeltes Vorkommen laut faunistischem Gutachten der AG COPRIS geachtet - sie sind überdies im Film hörbar. Die eingemischten filmischen Zitate mit Quellenangaben sind ausschließlich dem Umstand geschuldet, dass die tage- und unter Umständen wochenlange Beobachtung mit einem Ultrateleobjektiv praktisch nicht realisierbar war – den Vereinen stehen nicht die dafür nötigen Ressourcen zur Verfügung. Aus dieser technischen und zeitlichen Begrenzung die „Fragwürdigkeit“ oder „Unredlichkeit“ des Gezeigten, gar eine „Täuschung“ ableiten zu wollen, muss mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden!

Barbara Leiße, BUND Paderborn

Das Wäldchen-Video zeigt den selten gewordenen Zauber eines innerstädtischen Waldes, der sich ohne menschliche Planung über mehr als 80 Jahre aus einem Feldgehölz entwickeln durfte. Überall im Umfeld gepflastert, versiegelt, bebaut ist es eine kleine grüne Klimaoase am Heinz Nixdorf Ring. Als Bestandteil des Bebauungsplans Alme Park Nord (2015) kann es nach 10 Jahren nicht schon wieder überflüssig sein. Der Starkregen vor 2 Wochen und das Hitzewochenende gerade jetzt machen deutlich, wie wichtig so eine grüne Klimaoase für den stark versiegelten Westen der Stadt ist. Die Aufnahmen aus dem Film entsprechen meiner Wahrnehmung dieses Wäldchens als einen magischen Ort. So etwas fällt man doch nicht für ein Parkhaus.

Fritz Buhr, pro grün Paderborn

Die Eignung der Schotterfläche nördlich angrenzend an das Wäldchen für ein Parkhaus wurde im Film begründet. Die Behauptung der Stadt, sie sei für eine eventuelle Erweiterung der angrenzenden Realschule gedacht wurde mit dem aktuellen Schulentwicklungsplan der Stadt vom Januar dieses Jahres widerlegt: Die drei städt. Realschulen weisen seit Jahren sinkende Anmeldezahlen aus und haben zur Zeit freie Kapazitäten von über 20%. 5.000 m² Schotterfläche sind bestens für ein Parkhaus geeignet und durch eine fußläufige Wegeführung von etwa 70 m am Rande des Wäldchens gut mit dem Firmenstandort zu verbinden.

Besser noch geeignet ist die ehemalige Deponiefläche, die im Bebauungsplan 2015 als Parkfläche für Stadion und Gewerbe eingezeichnet ist. Die Behauptung der Stadt eine Doppelnutzung sei nicht zulässig ist falsch, denn sie läge gar nicht vor: Die Spiele im Stadion finden am Wochende oder an Wochentagen in den Abendstunden statt, wenn im Betrieb nicht gearbeitet wird. Auch die Behauptung der Stadt die Nutzung dieser Fläche sei teurer als ein Parkhaus im Wäldchen ist unverständlich: Bau und Betrieb dieser ebenerdigen Autostellplätze wäre sehr viel günstiger als ein Parkhaus; zudem würden der Fußballverein sich anteilig an den Kosten des Parkplatzes beteiligen: Für beide Partner eine Win-win-Situation.

Die westlich an das Wäldchen angrenzende Ausgleichsfläche, von Grünen und Linken als Alternativstandort ins Spiel gebracht, ist aus naturschutzfachlicher Sicht weniger gut geeignet. Sie ist aber auf jeden Fall ein geringerer Eingriff als die Rodung des Wäldchens, auch wenn die Stadt das Gegenteil sagt. Die Behauptung von Herrn Dr. Hesse mit einer Aufforstung auf einer 2,5-fach größeren Fläche oben am Kaukenberg könne mehr als ein Ausgleich geschaffen werden, mag aus forstwirtschaftlicher Sicht richtig sein. Aus ökologischer und stadtklimatischer Sicht kann man so ein mehr als 80 Jahre altes Wäldchen im Siedlungsbereich nicht ersetzen.

Wir wissen als Naturschutzverbände wie wichtig eine korrekt vorgetragene Kritik für unseren guten Namen ist und bemühen uns stets um eine fehlerfreie Außendarstellung.

Barbara Leiße, Reinhard Schäck, Fritz Buhr

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