Kreisgruppe Paderborn

Das Schmittwasser – 1 Bach, 2 Gesichter und die WRRL

Schmittwasser im NSG Schmittwassertal

Kaum zu glauben, aber auf den beiden Fotos ist das gleiche Gewässer zu sehen. Es handelt sich um das Schmittwasser, ein Bach auf dem Gebiet der Stadt Lichtenau.

Schmittwasser bei Lichtenau-Asseln

Betrachten wir diesen Bach mit den zwei Gesichtern mal etwas genauer. Und schauen wir uns an, was der Bach mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zu tun hat.
Dieser Bach steht dabei exemplarisch für viele andere Bäche in NRW und in Deutschland.

Kurzbeschreibung des Schmittwassers

Das Schmittwasser entspringt nahe der Ortschaft Hakenberg der Stadt Lichtenau an der westlichen Seite der Egge und mündet nach 8,8 Fließkilometern südwestlich von Iggen­hausen in die Sauer. Ab dem rechten Zufluss des Glasewassers bei etwa 5,8 km ober­halb der Mündung in die Sauer trägt der Bach auch den Namen dieses Nebengewäs­sers.
Der Bach zählt auf ganzer Länge zum Gewässertyp des grobmaterialreichen, karbona­tischen Mittelgebirgsbachs.

Die beste Voraussetzung, um sich selbst ein Bild machen zu können, ist natürlich das Gewässer vor Ort auf ganzer Länge kennengelernt zu haben. Ersatzweise sei auf eine Fotowanderung entlang des Schmittwassers verwiesen. Die Bilder stammen aus dem Jahre 2006 und ermöglichen einen Vergleich mit dem heutigen Bild des Baches. Für die Fotowanderung sind die Aufnahmen gegen die Fließrichtung ausgewählt worden. Wer diese Bilder mit der heutigen Situation am Oberlauf vergleicht, wird feststellen, dass sich die Situation dort nicht verbessert hat.

Wie passt das Bild vom Oberlauf zur europäischen Wasserrahmenrichtlinie?

Das Schmittwasser und die europäische Wasserrahmenrichtlinie

In der Tat wurde Ende des Jahres 2021 der nun schon dritte Bewirtschaftungsplan 2022 - 2027 zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) veröffentlicht, der behördenverbindlich den Weg zum Ziel eines in der Regel guten Gewässerzustandes aufzeigen soll.

Das Schmittwassers wird im Bewirtschaftungsplan als natürlich ausgewiesen. Das verbind­liche Ziel ist damit der gute ökologische Zustand, der nur geringfügig von den natürlichen Verhältnissen abweichen darf. Unverzichtbare Voraussetzung für diesen hochwertigen Anspruch ist, dass das Gewässer den Organismen vielfältige Lebensräume bietet. Das erfordert entsprechenden Strukturreichtum, der sich vereinfacht ausgedrückt über das äußere Erscheinungsbild des Gewässerbettes und seines Umfeldes beurteilen lässt.

Während der Mittellauf (siehe Abb. 1) und teilweise auch der Unterlauf diesem Ziel schon recht nahekommen, gibt es am Oberlauf erhebliche Defizite (siehe Abb. 2) mit sehr starken bis hin zu vollständigen Veränderungen des Wasserlaufs.

Die Suche nach durchgeführten Maßnahmen

Nach aktuellen Informationen sind Maßnahmen, die den Weg zum guten Zustand ebnen sollen, bis heute nicht begonnen worden. Der Blick in die Steckbriefe des Bewirtschaftungsplans bestätigt, dass der ökologische Zustand weiterhin mäßig ist.

Die Gewässerunterhaltungs- und Ausbaupflicht liegt am Schmittwasser beim Wasser­verband Obere Lippe oder im Oberlauf auch bei der Stadt Lichtenau. Im Kommunen­steckbrief der Maßnahmenübersichten nach § 74 LWG der Bezirksregierung Detmold schreibt die Stadt: Das Schmittwasser befindet sich abschnittsweise im guten Zustand. Hier genießt die Herstellung der Durchgängigkeit oberhalb der Ortslage Herbram und die Aufwertung im Oberlauf Priorität. Die Entwicklung naturnaher Sohl-/Uferstrukturen, tlw. Neutrassierung und die Anlage von Uferstreifen bilden hier den Schwerpunkt der erforder­lichen Maßnahmen. Hierbei ist der temporär trockenfallende Charakter des Karstbachs zu berücksichtigen.

Weder auf der Internetseite des Wasserverbandes noch der Stadt sind durchgeführte Maß­nahmen zu finden. Also müssen im Maßnahmenprogramm des neuen Bewirt­schaftungs­plans 2022 – 2027 die bisher noch nicht durchgeführten Maßnahmen zu finden sein.

Das Maßnahmenprogramm des neuen Bewirtschaftungsplans

Tatsächlich enthält das Maßnahmenprogramm zur Verbesserung der Gewässerstrukturen pauschal beschriebene Programmmaßnahmen (PGM) der Bund/Länder-Arbeitsgemein­schaft Wasser (LAWA). Für das Schmittwasser sind das:

  • PGM 71 Maßnahmen zur Habitatverbesserung im vorhandenen Profil
  • PGM 72 Maßnahmen zur Habitatverbesserung im Gewässer durch Laufveränderung, Ufer- oder Sohlgestaltung
  • PGM 73 Maßnahmen zur Habitatverbesserung im Uferbereich
  • PGM 74 Maßnahmen zur Auenentwicklung und zur Verbesserung von Habitaten

Auf der Suche nach einer Konkretisierung stößt man auf Tabellen der bereits genannten Programmmaßnahmen und sogenannter Funktionselemente. Die Tabelle der Programm­maßnahmen wiederholt den Inhalt des Bewirtschaftungsplans, gibt also keine ergänzen­den Auskünfte.
Völlig rätselhaft ist, weshalb die mit einer intensiven Öffentlichkeits­beteiligung erarbeiteten Umsetzungsfahrpläne nicht ersetzt wurden, sondern verschwunden sind.
Der Ausschuss für Natur, Umwelt und Klimaschutz des Kreises Paderborn hatte sich bereits am 22.03.2012 speziell am Beispiel des Schmittwassers mit dem Umsetzungs­fahrplan befasst.
Auf der Internetseite des Wasserverbandes Obere Lippe ist der Plan weiterhin einsehbar, sein aussagekräftiger Inhalt aber in den Maßnahmenübersichten der Bezirksregierung Detmold nicht mehr enthalten.

Auffällig sind im Maßnahmenprogramm auch die Fristverlängerungen über das Jahr 2027 hinaus, wie auch immer das in einem bis 2027 verbindlichen Plan zu verstehen ist.

Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass die weitere Voraussetzung für die Erreichung des Umweltziels, der gute chemische Zustand, hier nicht thematisiert wird.

Das drohende Scheitern der Bewirtschaftungsziele der WRRL

Welche Strategie hinter dem gerade beschriebenen, für die interessierte Öffentlichkeit unbrauchbaren Informationsmaterial steckt, ist rätselhaft. Die Qualität der Unterlagen wurde schon im Rahmen der offiziellen Öffentlichkeitsbeteiligung am Entwurf des dritten Bewirtschaftungsplans 2022 – 2027 in der Zeit vom 22.12.2020 bis zum 22.06.2021 beanstandet. Verbessert hat sich im jetzt verbindlichen Plan nichts.

Der Artikel 14 der WRRL erwartet, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung gefördert wird. Der Grund für diese Appell ist einsichtig: Nur bei einem möglichst breiten Interesse kann die WRRL Erfolg haben. Das aktuell vorliegende Informationsmaterial fördert im Gegensatz zu den Anfangsjahren der Richtlinie das Interesse nicht, sondern schreckt ab.

So stellen sich auch für das vorgestellte Beispiel des Schmittwassers noch viele offene Fragen, mit welchen konkreten Maßnahmen das verbindliche Ziel des Guten Zustandes erreicht werden soll. Der Anspruch der WRRL, die aktive Beteiligung zu fördern, scheint dabei überhaupt keine Rolle mehr zu spielen.

Zu Beginn der nun schon dritten Umsetzungsphase der Wasserrahmenrichtlinie ist das eine ernüchternde Bilanz.

Linksammlung zur Vertiefung des Themas:
Eine Übersicht mit Fragen und Antworten zur WRRL bietet der BUND Bundesverband unter
www.bund.net/fluesse-gewaesser/wasserrahmenrichtlinie/
Wer sich in die nicht einfachen Dokumente der WRRL vertiefen möchte, findet Informationen auf der offiziellen Internetseite des Landes NRW zur Umsetzung der EU-WRRL www.flussgebiete.nrw.de/ sowie im Fachinformationssystem der Wasserwirtschaftsverwaltung www.elwasweb.nrw.de/.
Die Bezirksregierung Detmold bietet Internetseiten zu den Maßnahmenübersichten nach § 74 LWG an.